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Diagnostik

Ohne Diagnostik keine Beratung - dies ist ein wichtiger Grundsatz therapeutischen Arbeitens. Wenn man sich daran macht, einen Zustand zu verändern, muss man zuvor genau erkundet haben und wissen, was der ”IST-ZUSTAND” ist. Dies ist der Bereich der Diagnostik.

Es ist nicht leicht, die richtige Diagnose zu stellen, vielmehr erfordert dies eine gute Mischung aus Fachkompetenz und menschlicher Reife (durch die auch eine voreilig beschlossene Diagnose wieder zurück genommen werden kann). So unbedingt wichtig die Diagnose ist, sie birgt auch Gefahren. Nämlich, dass sich ein Ratsuchender durch eine Diagnose wie ”gestempelt, stigmatisiert” erlebt und die Hoffnung auf Veränderung aufgibt. Daher ist es immer gut, im Beratungsprozess an den Dingen anzukoppeln, die (noch) gelingen, die eine Stärke des Ratsuchenden darstellen. 

Wir fragen nach den biologisch - medizinischen Aspekten des Problems. Ist das jeweilige Problemverhalten somatisch begünstigt oder gar verursacht? In jedem Fall werden wir den Ratsuchenden zur genauen Abklärung zum Hausarzt, Neurologen oder anderen Facharzt schicken.

Liegt kein organischer Befund vor, fragen wir nach möglichen psychosozialen Aspekten. Defizite auf der Ebene des Verhaltens und Erlebens, der Kognitionen, Emotionen, Motivation, etc. werden beleuchtet.

Liegt auch auf dieser Ebene nicht der Kern des Problems, fragen wir nach möglichen geistlichen Aspekten des Problemverhaltens. Nach dem Stand des Menschen vor Gott, nach Schuld, etc. Glaubensstärkung und Umkehr können nun Thema werden.

In der Praxis lassen sich diese drei Bereiche nicht immer sauber trennen, sondern sind aufeinander bezogen. Weil der Mensch immer in seiner Ganzheitlichkeit gesehen, verstanden und adressiert werden muss.

Um zur Diagnostik im klinischen Sinne zu gelangen, werden natürlich die wissenschaftlichen Standards (ICD-10/DSM IV) verwandt. Auf dem Weg dorthin finden verschiedene ”Manuale” und Fragebögen, die ich im Folgenden kurz vorstelle, Anwendung.

Der Anamnesebogen: Bereits im Erstgespräch erhält der Ratsuchende den ”Fragebogen zum Beginn einer Beratung”. Damit werden umfassend Daten zur Familie, zur Selbsteinschätzung, zum Beratungsauftrag, zum Problem etc. abgefragt. Dies alles sind harte Daten, die für den weiteren Beratungsverlauf von Wichtigkeit sind. Natürlich steht jedem frei zu verschiedenen Fragen keine Angaben zu machen. 

Der Persönlichkeitsstrukturtest PST/R stellt innerhalb unsere Beratung ein zentrales diagnostisches Instrument dar. Aufgrund dieses Testes wird ein verlässlicher Einblick in die verschiedenen Persönlichkeitsstrukturmerkmale des Ratsuchenden ermöglicht. Dieser Test wertet nicht. Etwa nach dem Motto das Ergebnis sei gut oder schlecht. Der PST stellt fest. Zeigt sauber Bereiche auf, die durch Lernprozesse (mehr oder weniger) veränderbar sind und andere, die kaum oder gar nicht veränderbar sind. Dies gilt es zu akzeptieren und sein Leben demgemäß zu gestalten. 

Zum tieferen Verständnis hier ein Ausschnitt zum Thema Persönlichkeitsstruktur aus dem ”Wörterbuch Psychologie und Seelsorge” von Michael Dieterich/Jörg Dieterich, Seite 264-265:”.........Um nicht mit etablierten Beschreibungen zu kollidieren, haben wir für die Biblisch Therapeutische Seelsorge die in der neueren Psychologie übliche Beschreibung des Menschen als ”Persönlichkeit” gewählt und hierbei eine Unterscheidung mit dem Modell dreier konzentrischer Schalen vorgenommen. Zum einen sind es die für jedermann erkennbaren ”Wesenszüge” (äußere Schale), die die Persönlichkeit beschreiben lassen. Die Wesenszüge sind überwiegend durch Lernprozesse entstanden und auch mit gezielten Lernprogrammen veränderbar. Die durch Beobachtung nicht direkt erkennbaren Anteile der Persönlichkeit in der zweiten Schale unseres Modells werden als ”Grundstruktur” bezeichnet. Zur Entstehung der Grundstruktur tragen entweder lange andauernde Lernprozesse (also eine ”Stabilisierung” der Wesenszüge) oder vererbte Dispositionen bei (oftmals sind es auch beide Entstehungsursachen gemeinsam). Änderungen im Sinne von Lernprozessen sind, wenn überhaupt, nur mit großem Aufwand möglich. Mit der dritten Schale, der ”Tiefenstruktur” der Persönlichkeit, die ebenfalls nicht direkt durch das Verhalten beobachtet werden kann, sollen solche Anteile der Persönlichkeit beschrieben werden, die ihren Ursprung in Prägungen der frühen Kindheit (und damit in der ”Tiefe der Vergangenheit”) bzw. in vererbten Dispositionen haben. Es sind dies auch diejenigen Anteile der Persönlichkeit, die praktisch unveränderlich bestehen bleiben. Hierfür wäre am ehesten die Beschreibung als ”Charakter” zulässig. Eine solche Einteilung mag für den ersten Augenblick eher zufällig erscheinen, und es sind auch keine eindeutigen Abgrenzungen zwischen den drei Einteilungskriterien möglich. Jedoch hat sich diese zu Beginn angenommene Abgrenzung als praktisch sehr brauchbar erwiesen. Eine wichtige Aussage zu dem Schalenmodell ist, dass sich dieselben Persönlichkeitsdimensionen auf allen drei Ebenen darstellen lassen. Es kann also beispielsweise Introversion sowohl in den Wesenszügen als auch in der Grund - und Tiefenstruktur vorhanden sein - bzw. auf der einen Ebene Introversion und auf der anderen Ebene eher Extraversion vorgefunden werden. Erst durch die Synopse aller drei Anteile ist es dann möglich, ein sinnvolles Förder- oder Therapieprogramm aufzustellen”. 

Daneben nutzen wir für unsere Beratung, wenn es dran ist, den Prepare/Enrich Fragebogen. Ein Testmanual um Wachstumsbereiche und Stärken in der Ehevorbereitung oder innerhalb bestehender Partnerschaften zu ermitteln. 

Es gibt im Spektrum der psychotherapeutisch/beratenden Arbeit noch etliche andere, professionelle, Tests und Manuale. Je nach vorgefundener Situation können diese ebenfalls zur Anwendung kommen. Wir möchten jedoch betonen, und dies gilt unseres Erachtens für alle Tests und Hilfsmittel, der Berater darf niemals zum ”Test-Technokrat” verkommen. Diese Dinge sollen helfen, sollen den Beratungsprozess unterstützen, diagnostische Kriterien an die Hand geben. Sie dürfen aber niemals Selbstzweck werden! Der Einsatz solcher Hilfsmittel sollte unserer Meinung nach der Maxime folgen: ”Soviel wie nötig, so wenig wie möglich”.